Ursula von der Leyen soll Präsidentin der EU-Kommission werden. Damit trägt der Europäische Rat der Staats- und Regierungschefs dem Ergebnis der Europawahl Rechnung, aus der die Europäische Volkspartei (EVP), zu deren Parteienfamilie auch CDU und CSU zählen, als stärkste Kraft hervorgegangen war.
Die eigentlichen Spitzenkandidaten – Manfred Weber (CSU) und der Sozialdemokrat Frans Timmermans – waren im Rat nicht mehrheitsfähig. Das sorgt bei vielen Wählerinnen und Wählern für Kritik. Für die parlamentarische Demokratie auf europäischer Ebene ist die Entscheidung daher ein Rückschritt.
Aber: Das Spitzenkandidatenmodell funktioniert eben nur, wenn sich das Parlament einig ist. Das wussten alle Akteure. Umgekehrt wird die vom Europäischen Rat nominierte Kandidatin nur Kommissionspräsidentin, wenn das Parlament zustimmt.
Leider hat sich das Parlament nach der Wahl in politischem Kleinklein verloren und es nicht geschafft, sich auf einen gemeinsamen Kandidaten zu einigen und damit die Staats- und Regierungschefs unter Zugzwang zu setzen.
Grundsätzlich stellt sich die Frage nach einer Wahlrechtsreform. Aber auch dazu müssten die Mitgliedstaaten bereit sein. Es wird also eine Frage des Integrationswillens sein. Dabei muss man auch die Frage im Hinterkopf behalten, ob es für die EU ein Fortschritt wäre, wenn große Staaten überstimmt werden können. Erzeugt das dann langfristig Stabilität? Die EU ist immer noch ein Staatenbund aus (noch) 28 Mitgliedern und keine „Vereinigten Staaten von Europa“.
Unter dem Strich zählt für mich: Die Menschen haben mehrheitlich für eine starke EU gestimmt und an der Spitze der Kommission wird mit Ursula von der Leyen – wenn das Parlament sie bestätigt – eine Verfechterin der liberalen Demokratie stehen. Übrigens die erste Frau an der Spitze der EU. Auch das ist für mich eine gute Nachricht.